Jetzt sind viele Firmen dabei, die Remotearbeit wieder zurückzubauen und setzen verstärkt auf eine Präsenzkultur. Dieses Modell bietet zweifellos Vorteile, vor allem deshalb, weil das physische Zusammenkommen für uns Menschen von großer Bedeutung ist. Gleichzeitig ist die Rückkehr zum Normalbetrieb eine vertane Chance. Sie bedeutet: zurück zum bisherigen Unternehmensalltag, maximal bereichert um eine Homeoffice-Regelung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.  

Gerade das Arbeiten auf Distanz zeigt, wie wichtig es ist, Klarheit in vielen Bereichen zu schaffen. Führung heute beruht noch immer auf vielen Ad-hoc-Entscheidungen, die meist recht unstrukturiert getroffen werden. Einfach ins Nebenbüro zu gehen oder am Gang schnell mal etwas zu besprechen, war und ist Teil der Führungspraxis. Ebenso überbordende Meetings mit vielen Teilnehmenden und unklaren Verantwortlichkeiten.

Moderne Führung sieht anders aus und kann so viel mehr! Worauf es dabei ankommt und was sich in der Praxis bewährt, lesen Sie hier.

1. Schaffen Sie Identität und Orientierung

Glanzvolle Vision- und Mission-Statements sind meist irgendwo niedergeschrieben. Doch nur wenige im Unternehmen kennen sie und beziehen ihr Handeln darauf. Das kann in turbulenten Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, zu so manchen Irrwegen führen.

Beantworten Sie daher für Ihren Verantwortungsbereich sehr klar folgende Fragen: Welche Probleme lösen wir, für wen, mit welcher erwünschten Wirkung? Halten Sie die Antworten schriftlich fest, kurz und bündig.

Was so profan klingt und gleichzeitig prägnant als Purpose bezeichnet wird, schafft grundsätzliche Klarheit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, warum Ihr Unternehmen, Ihre Abteilung oder Ihr Team überhaupt existieren. Die Arbeit bekommt dadurch mehr Sinn. Die Orientierung dafür, worauf es tatsächlich ankommt, was wirklich wichtig ist und was nicht, fällt plötzlich leichter. Sie schaffen den fruchtbaren Boden für Ihre Führungsarbeit.

 

2. Nehmen Sie Vertrauen ernst

Vertrauen als Gewissheit, sich auf den anderen verlassen zu können, hat für den Unternehmenserfolg enorme Bedeutung. Das ist empirisch belegt. Holen Sie daher den Begriff für Ihre Führungspraxis aus der philosophischen Ecke!

Beschäftigen Sie sich damit, wie Sie ganz konkret Vertrauen auf- und ausbauen können und unter welchen Bedingungen Teams vertrauensvoll zusammenarbeiten. Gerade für Teams, die räumlich verteilt arbeiten, braucht es diese Vertrauensbasis.

Im Zuge mehrerer Beratungs- und Entwicklungsprogramme für virtuelle Führung hatte ich in den letzten Monaten die Gelegenheit, rund 100 Führungskräfte bei der Purposefindung und dem Aufbau einer vertrauensvollen Arbeitsumgebung für Ihre Bereiche zu unterstützen. Die anfängliche Skepsis wich bald der praktischen Erkenntnis, dass sich dadurch der Teamzusammenhalt und die Leistungsorientierung merklich verbesserten. Neue Teammitglieder an Board zu bringen fiel dadurch auch leichter. Bleiben Sie also an den Themen Orientierung und Vertrauen unbedingt dran!

 

3. Gestalten Sie Kommunikation effektiv

Als besonders herausfordernd in der Homeoffice-Zeit nannten viele Führungskräfte den Austausch von arbeitsrelevanten Informationen und die Aufrechterhaltung der persönlichen Beziehungen. Der Grund dafür liegt aus meiner Sicht vor allem in der fehlenden Kommunikationsarchitektur und unkoordinierten Mediennutzung.

  • Werfen Sie mit Hilfe eines strukturierten Reviews einen kritischen Blick auf Ihre bestehende aufgabenbezogene Kommunikation und vor allem auf den Medieneinsatz.
  • Definieren Sie gemeinsam mit Ihrem Team die wichtigsten Eckpunkte Ihrer Kommunikationsarchitektur. Effektivität steht hier im Mittelpunkt!
  • Vermeiden Sie unnötige Meetings ohne Ziel und straffe Struktur.
  • Fokussieren Sie dabei nicht nur auf die synchrone Kommunikation in Echtzeit, sondern auch auf die asynchrone Kommunikation. Dämmen Sie vor allem die E-Mail-Flut ein, indem Sie zum Beispiel Kollaborationsplattformensinnvoll nutzen.

So können Sie ohne Reibungsverluste nahtlos zwischen Remote- und Präsenzarbeit wechseln. Sie schaffen eine hybride Arbeitsorganisation mit hoher Flexibilität. Wichtig ist dabei, auch Zeit und Gelegenheit für die Beziehungspflege zu berücksichtigen. In verteilten Teams kann ein Treffen zum Beispiel in der virtuellen Kaffeeküche stattfinden oder bei einem morgendlichen Check-in. Die Bandbreite ist vielfältig.

 

4. Klären Sie Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse

Unklare Zuständigkeiten und Entscheidungsprozesse erschweren die Zusammenarbeit in vielerlei Hinsicht. Das zeigt sich vor allem dann, wenn nicht mehr am gleichen Ort gemeinsam gearbeitet wird und informelle Ad-hoc-Abstimmungen wegfallen.

Nutzen Sie daher jetzt die Gelegenheit, durch mehr Klarheit den Rahmen für die effiziente und effektive Zusammenarbeit zu schaffen. Hier finden Sie dazu beispielhaft eine Rollenbeschreibung, die ich gemeinsam mit meinen Kunden einsetze, um klare Verantwortungen zu definieren.

  • Rollenbezeichnung
    Name der Rolle
     
  • Purpose/Wirkung
    Warum gibt es diese Rolle?
     
  • Ergebnis
    Was ist das Ergebnis, wenn die Rolle erfolgreich ausgeführt wird?
     
  • Erfolgskriterium
    Wie wird das Ergebnis gemessen?
     
  • Verwantwortlichkeiten
    Hauptverantwortlichkeiten anführen (max. 5)
     
  • Authority
    Worüber kann diese Rolle explizit entscheiden?
     
  • Sonstige Rollenbeschreibungen
    Was ist noch wichtig in Zusammenhang mit dieser Rolle
    (z.B. zeitliche Verfügbarkeiten, genauere Beschreibung von einzelnen Tasks, falls hilfreich)?

Für die Abklärung von Schnittstellen und Überlappungen bewährt sich die sogenannte RACI Matrix, die eigentlich aus dem Projektmanagement stammt. Sie lässt sich gut für alle andere Formen der Führung und Steuerung verwenden. Mit einer initialen RACI Matrix werden eine erste Inventur durchgeführt und Unklarheiten offengelegt. Dies ist die Basis für die (Neu-)Abstimmung von Rollen und Verantwortlichkeiten, die allen im Unternehmen transparent zugänglich gemacht werden. In regelmäßigen Abständen wird nachgeschärft.

 

5. Fokussieren Sie auf Ergebnisse

Wenn es etwas gibt, was ich mir für moderne Führung besonders wünsche, dann die radikale Umstellung auf eine Output- und Outcome-Orientierung. Viel zu stark wird noch auf den reinen Input fokussiert, Prioritäten dadurch falsch gesetzt und gut Gemeintes nicht gut gemacht.

Die letzten Monate haben gezeigt, dass der Luxus der Input-Orientierung nicht mehr leistbar ist. Wenn es hart auf hart geht, können wir sehr wohl Prioritäten setzen und uns auf das Nötigste und Wichtigste konzentrieren. Warum also nicht auch im Normalbetrieb, noch dazu, wo „normal“ bei all der Dynamik unserer Zeit ohnehin nicht mehr als Maßstab gilt.

Fragen Sie sich daher:

  • Wie messen wir unseren Erfolg? Oder noch besser:
    die Wirkung unseres Erfolges?
  • Wie priorisieren wir unsere begrenzten Ressourcen,
    um dieser Wirkung näher zu kommen?
  • Was können wir einfach weglassen, weil es wirkungslos ist?
  • Welche Rahmenbedingungen sind aktuell dafür förderlich,
    welche hinderlich?

Für die letzte Frage werfen Sie vor allem einen kritischen Blick auf Ihr Performance-Steuerungssystem. Denn die meisten dieser Programme verfehlen ihre erwünschte Wirkung. Beschäftigen Sie sich mit alternativen Ansätzen wie zum Beispiel Objectives and Keyresults und Kanban. Dabei bitte nicht einfach die Systematik eines anderen Unternehmens kopieren, sondern klar auf die eigenen Gegebenheiten zuschneiden. Aus der Arbeit mit meinen Kunden zeigt sich: Das ist leichter als gedacht, wenn die Logiken dahinter verstanden werden.

 

Große Vision in kleinen Schritten

So viel hat sich in den letzten Monaten verändert! Wir haben gelernt, uns anzupassen. Jetzt ist also die beste Gelegenheit, dran zu bleiben und neue Wege in der Führung konsequent weiterzugehen. Warten Sie dabei nicht, bis endlich die Gelegenheit da ist, alles radikal umzustellen. Beginnen Sie lieber heute mit den ersten kleinen Schritten und einer großen Vision von moderner Führung.

 

Sie wünschen sich Unterstützung bei einer konkreten Fragestellung im Zusammenhang mit moderner Führung?
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