Die Analyse

Im Duden finden sich drei Bedeutungen für den Begriff Hype:

  • Besonders spektakuläre, mitreißende Werbung (die eine euphorische Begeisterung für ein Produkt bewirkt)

  • Aus Gründen der Publicity inszenierte Täuschung

  • Welle oberflächlicher Begeisterung; Rummel

Anhand dieser Kriterien können wir den agilen Hype nun genauer beschreiben.

  1. Spektakuläre, mitreißende Werbung, die euphorische Begeisterung für das Produkt bewirkt
    Über viele Jahre entwickelten sich agiles Denken und Handeln im Software Engineering. Das war gerade zu Beginn ein Ausprobieren, ein Lernen, ein Anpassen. Über die Zeit reiften in diesem Bereich die agilen Ansätze und das agile Mindset der Beteiligten.
    Vor allem über das Agile Manifesto und die agile Methode Srum verbreitete sich dann die Idee „Agil“ auf andere Unternehmensbereiche. Publikationen von namhaften agilen Pionieren in der Softwareindustrie wirkten dabei als spektakuläre, mitreißende Werbung weit über die IT hinaus. Die Begeisterung war und ist groß. Kommt da DIE Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit?
  2. Aus Gründen der Publicity inszenierte Täuschung
    Diese Begeisterung nutzen findige Berater und bieten agile Methoden als schnell wirksame Instrumente an. Und die Kunden kaufen voller Hoffnung. Besonders gut lässt sich dies beicoolen Events beobachten, wo die Superstars des agilen Hypes - oft Agile Evangelists genannt - die Vorzüge ihrer agilen Lösungen anpreisen. Hier beginnt die Täuschung. Denn nicht überall, wo „agil“ draufsteht, ist auch „agil“ drin. Das zu erkennen, bedarf einer tiefergehenden Beschäftigung mit dem Thema.
  3. Welle oberflächlicher Begeisterung; Rummel
    Diese differenzierte Auseinandersetzung findet auf Kunden- und auch auf Anbieterseite oft eher oberflächlich statt. Das führt dazu, dass agile Methoden mechanistisch angewandt werden, ohne die dahinterliegenden Grundprinzipien zu berücksichtigen. So passiert es, dass mit viel Rummel agile Transformationen in Unternehmen eingeläutet werden, von denen nach einiger Zeit nicht viel mehr als Enttäuschung oder gar Zynismus gegenüber Agilität überbleiben.

Agilität nüchtern betrachtet

Ist agiles Arbeiten also nur was für Nerds in der Softwareentwicklung und endet die breitere Anwendung in einer Sackgasse? Oder ist Agilität in Unternehmen gar schon dem Untergang geweiht? Die Antwort auf diese Fragen lautet aus meiner Sicht ganz klar „Nein!“ Was wir derzeit beobachten, ist eine gewisse Ernüchterung nach dem ersten Hype. Und das ist gut so. Denn nur mit einem klaren Blick, einem differenziert-kritischen Zugang und einem Verständnis für die Gesamtzusammenhänge lässt sich beurteilen, welche Ansätze Sinn machen und welche eben nicht.

Raus aus der Hpye-Falle

Damit Sie nicht in die agile Hype-Falle tappen samt den Enttäuschungen danach, habe ich hier für Sie einen kurzen Leitfaden zusammengestellt.

Agilität als Mittel zum Zweck sehen

Agilität ist nicht die Lösung, sondern der Weg dorthin. Sie dient dazu, laufend und nachhaltig Ergebnisse mit Fokus auf den Kundennutzen zu schaffen. Die Frage „Warum brauchen wir überhaupt Agilität?“ steht somit vor der Auswahl der passenden Ansätze. Der übergeordnete Unternehmenszweck und die strategische Ausrichtung geben dafür den Rahmen vor.

Agilität als Grundhaltung annehmen

Beschäftigen Sie sich damit, welche Einstellungen auf dem Weg zum agilen Unternehmen wichtig sind. Weichen Ihre gelebten Prinzipien stark davon ab, dann arbeiten Sie gezielt an deren Neugestaltung. Diese Veränderung bedeutet oft viel Arbeit und braucht Zeit. Dafür erhalten Sie einen guten Nährboden für agile Praktiken.

Agilität wohl dosiert einsetzen

Mit agilen Ansätzen lassen sich komplexe und unsichere Situationen mit hoher Dynamik besser bewältigen. Hüten Sie sich davor, immer und überall agile Methoden einzusetzen. Lernen Sie, Situationen richtig einzuschätzen.

Blaupausen vermeiden

Prüfen Sie genau, welche agilen Methoden für Ihr Unternehmen passend sind. Lassen Sie sich dabei nicht von bekannten Namen blenden. Ihre spezielle Ausgangssituation ist ausschlaggebend und nicht ein schillerndes Best-Practice-Beispiel.

Rahmenbedingungen schaffen

Agiles Arbeiten braucht cross-funktionale, selbstgesteuerte Teams. Ihre Aufgabe als Führungskraft besteht darin, die passenden Rahmenbedingungen für diese Teams zu schaffen. Das kann von der Sinnstiftung, der Implementierung förderlicher Strukturen und Prozesse bis hin zum Aufbau von praktischem Know-how im Team reichen. Die gemeinsame Zielsetzung steht dabei im Fokus.

Bei sich selbst beginnen

Überprüfen Sie Ihre eigene Einstellung. Gelingt es Ihnen, Bestehendes zu hinterfragen? Sind Sie bereit, loszulassen und Ihren Teams zu vertrauen? Können Sie Leadership als Rolle mit Servicecharakter annehmen? Sind Sie offen dafür, viele Entscheidungen nicht mehr selbst zu treffen?

 

Hausverstand statt Hype

Kurz gesagt: Agilität erfordert gesunden Menschenverstand. Im Wörterbuch nachgelesen bedeutet das vor allem ein natürliches Urteilsvermögen. Nutzen Sie dieses, wenn es um Agilität geht. Abseits von Hypes und Heilsversprechungen lassen sich mit agilen Ansätzen und der passenden Einstellung wertvolle und vor allem brauchbare Ergebnisse erzielen.